Barrierefreiheit wird ab 2025 Pflicht – was heißt das für dich?
Ab dem 28. Juni 2025 tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) vollständig in Kraft. Für viele Betreiber von Websites und Online-Shops bedeutet das: Barrierefreiheit ist kein „nice to have“ mehr – sondern gesetzliche Pflicht.
Aber welche Websites genau sind betroffen? Muss auch deine Seite barrierefrei gestaltet sein? Und was droht bei Nichteinhaltung?
In diesem Beitrag klären wir die wichtigsten Fragen – verständlich, fundiert und praxisnah.
Was bedeutet digitale Barrierefreiheit?
Barrierefreiheit im Internet bedeutet, dass alle Menschen deine Website oder App vollständig und selbstständig nutzen können – unabhängig von Einschränkungen.
Das betrifft z. B. Menschen mit:
- Sehbehinderungen oder Blindheit (z. B. Screenreader-Nutzer)
- motorischen Einschränkungen (z. B. Tastaturbedienung statt Maus)
- Hörbehinderungen (z. B. Untertitel bei Videos)
- kognitiven oder sprachlichen Barrieren
- temporären Einschränkungen (z. B. nach Unfällen)
Barrierefreie Websites erfüllen die 42 technischen und inhaltlichen Anforderungen der internationalen WCAG 2.1-Richtlinien auf Level A und AA – die ab 2025 verpflichtend werden.
Die gesetzliche Grundlage: BFSG & EAA
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) setzt die EU-Richtlinie 2019/882 – auch bekannt als European Accessibility Act (EAA) – in deutsches Recht um. Ziel: Digitale Gleichstellung für Verbraucher im Online-Zugang zu Produkten und Dienstleistungen.
Das bedeutet konkret: Bestimmte Anbieter sind gesetzlich dazu verpflichtet, ihre Websites und Apps barrierefrei zu gestalten.
Welche Websites sind ab Juni 2025 gesetzlich zur Barrierefreiheit verpflichtet?
1. Online-Shops & E-Commerce-Plattformen
Alle Webshops, die an Verbraucher verkaufen, sind vom BFSG betroffen – egal ob groß oder klein.
Typische Beispiele:
- Shops auf WooCommerce, Shopify, Shopware, Magento, etc.
- Seiten mit Warenkorb & Checkout-Funktion
- Websites mit Buchungsformularen & digitalen Dienstleistungen
Wichtig: Auch „kleine“ Shops fallen unter das Gesetz – es zählt der Zweck, nicht die Größe.
2. Websites von Anbietern essenzieller Dienstleistungen
Dazu zählen u. a.:
- Banken, Sparkassen und Versicherer (z. B. Kundenportale, Vertragsabschluss online)
- Telekommunikationsanbieter (z. B. Mobilfunk, DSL, Serviceportale)
- Energieversorger (z. B. Tarifwechsel, Rechnung online)
- ÖPNV & Verkehrsdienste (z. B. Ticketbuchung, Fahrpläne, Bahnportale)
Diese Anbieter müssen Web & App vollständig barrierefrei gestalten.
3. Gesundheitsdienste und Pflegeanbieter
Das BFSG betrifft auch digitale Angebote aus dem Gesundheitssektor:
- gesetzliche und private Krankenkassen
- Pflegeanbieter mit Online-Anmeldung
- digitale Gesundheitsplattformen
- Apotheken mit Onlineshop oder Chatfunktion
4. Bildungsanbieter, Jobportale & digitale Services
Auch Plattformen, die digitale Bildungsangebote oder Jobs vermitteln, sind betroffen – besonders, wenn sie öffentlich zugänglich sind.
Beispiele:
- E-Learning-Plattformen
- Weiterbildungsakademien
- Karriere- und Jobportale
- Onboarding-Plattformen von Unternehmen
- Software für Selbstbuchung / Beratung
5. Apps und mobile Anwendungen
Das BFSG gilt nicht nur für Websites, sondern auch für mobile Anwendungen, wenn sie z. B.:
- Kundenkonten ermöglichen
- Verträge schließen lassen
- Buchungen oder Bestellungen abbilden
- Service & Support digital bereitstellen
Auch hier müssen die WCAG-Kriterien für mobile Nutzung erfüllt sein.
Was muss auf deiner Website barrierefrei sein?
Bereich | Beispiele für Anforderungen |
---|---|
Bilder & Grafiken | Alt-Texte, aussagekräftige Beschreibungen |
Farben & Kontraste | Mindestens Kontrastverhältnis 4,5:1 für Text |
Navigation | Vollständig per Tastatur nutzbar |
Formulare & Buttons | Beschriftete Labels, klare Fehlermeldungen |
Inhalte & Struktur | Korrekte Überschriften-Hierarchie, strukturierter HTML-Code |
Multimedia-Inhalte | Untertitel für Videos, Audiodeskriptionen |
Kompatibilität | Unterstützt Screenreader, Lupen & weitere Assistenzsysteme |
Insgesamt gibt es 42 Prüfkriterien, die ein barrierefreier Webauftritt erfüllen muss.
Was passiert bei Verstoß?
Ab 2025 drohen:
- Abmahnungen durch Anwälte
- Bußgelder durch Behörden
- Verlust von Förderungen & öffentlichen Aufträgen
- Reputationsschäden
- Klagen durch Betroffene
Bereits heute sind erste Shops abgemahnt worden – mit vierstelligen Summen.
Die Situation erinnert stark an die Abmahnwelle wegen Impressumsverstößen vor einigen Jahren.
Was du jetzt tun solltest
1. Kostenlosen Schnellcheck machen lassen
→ Erste Prüfung auf offensichtliche Barrierefreiheits-Probleme
2. Professionelles Audit beauftragen
→ Vollständige Analyse nach WCAG 2.1, inkl. Handlungsempfehlung & Umsetzungsplan
3. Umsetzung starten – rechtzeitig vor Juni 2025
→ Je nach System (WordPress, WooCommerce, Shopware) unterschiedlich aufwendig
Fazit: Barrierefreiheit ist Pflicht – und Chance zugleich
Digitale Barrierefreiheit ist ab 2025 gesetzlich verpflichtend – aber sie ist auch ein Qualitätsmerkmal.
Sie hilft dir, rechtliche Sicherheit zu erlangen, neue Zielgruppen zu erreichen, dein SEO zu verbessern und dein Unternehmen als verantwortungsvoll zu positionieren.
Wer heute handelt, spart morgen Zeit, Geld und Ärger.